Die NRW-Soforthilfe für Musiker
Neues zur NRW Soforthilfe für Solo-Selbständige
16.05.20
Das Problem mit der NRW Soforthilfe für Künstler und Solo-Selbständige ist ja, dass sie nicht für privaten Lebensunterhalt verwendet werden darf – und dass dieser Passus erst nachträglich eingefügt wurde (s. unten Beiträge vom 09.04 und 16.04.). Wer also als Künstlerin keine Betriebskosten nachweisen kann und dennoch nicht weiß, wovon sie jetzt ohne jegliche Einnahmen und Gagen leben soll, der bleibt nur der Gang zum Arbeitsamt und AlG2 beantragen.
Eine Ausnahme ist jetzt durch: es darf für die Monate März und April ein einmaliger Betrag von 2000 € als fiktiver Arbeitslohn angesetzt werden. Dieser Betrag muss nicht zurückgezahlt werden und er benötigt keinen Verwendungsnachweis. Voraussetzung ist natürlich, dass der Antragsteller grundsätzlich Anspruch auf Soforthilfe hat.
Wer also als Solo-Selbständiger ohne Betriebskosten die 9000 € Soforthilfe bekommen hat, muss 7000 € davon zurückzahlen (sog. Überkompensation). Die Rückzahlung muss aktiv veranlasst werden, das Unterlassen kann zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.
Auch wenn jetzt kein Nachweis über ausgefallene Honorare notwendig ist, wird empfohlen, die entsprechenden Nachweise zu sammeln und abzuheften: es ist zu erwarten, dass das Finanzamt die „Mittelverwendung“ und die „Antragsberechtigungen“ in den kommenden Jahren als Prüfungsschwerpunkt setzen wird.
Und wie gesagt: das Geld ist nur für März/April. Wer ab Mai nicht klarkommt (und Mai/Juni ist ja auch komplett alles gecancelt): Willkommen beim Arbeitsamt.
Der Hilfsfond des Kulturministeriums
Auch zum Hilfsfonds des Kultusministerium NRW gibt es Neuigkeiten. Hier wurden ja auch bis zu 2000 € in Aussicht gestellt, nach Nachweis der ausgefallenen Honorare. Dieser Topf war nur ruckzuck leer. Jetzt wurde nachgelegt und es ist wieder Geld da. Aber: nur wer bis zum 09. April einen Antrag gestellt hatte – kriegt jetzt nicht etwa automatisch Geld ausgezahlt, sondern darf nochmal beantragen, und zwar per Post. Nähere Infos dazu hier beim Rundbrief Nr. 19 des Kulturrat NRW.
Neues vom Kulturrat NRW
23.04.20
Wie sieht das überhaupt rechtlich aus? Darf man ein Soforthilfeprogramm auflegen, in dem der Lebensunterhalt freischaffender Künstler integriert ist und dann nachträglich, wo viele das schon beansprucht haben, diesen Passus wieder kippen?
Immer dicht dran am Thema ist jedenfalls der Kulturrat NRW:
Neue Links zum Thema Betriebsausgaben / Lebensunterhalt
16.04.20
Durchschlagende Neuigkeiten gibt es nicht: das Programm des Kulturministeriums ist erschöpft und eingestellt, das Programm des Wirtschaftsministeriums ist und bleibt dahingehend geändert, dass der Lebensunterhalt freischaffender Künstler nicht mehr berücksichtigt wird. Es bleibt die vage Hoffnung, dass sich da nochmal was ändert oder ein Ersatzprogramm aufgelegt wird. Hier zwei neue Links zum Thema:
- Offener Brief des Musikers Bernd Delbrügge: https://bernd-delbruegge.de/wp-content/uploads/2020/04/Offener_Brief.pdf
- Rundbrief des Kulturrat NRW: https://www.kulturrat-nrw.de/mitglieder-informationen-15-04-2020-rundbrief-nr-13/
Nachtrag zum Thema Betriebsausgaben
09.04.20
Künstler, die von Honoraren, Gagen und Eintrittsgeldern leben, haben in der Regel keine Gewerbemieten, keinen Dienstwagen, keine Angestellten, keine geleasten Maschinen etc. – sprich keine Betriebsausgaben. Was sie verdienen, benötigen sie für ihr privates Leben, und daher sollten ihre Einnahmen quasi als privates Gehalt und damit als Betriebsausgabe gelten. Seit dem 1. April aber werden „Gehälter, die man an sich selber zahlt“ nicht mehr anerkannt. Als Quelle zitiere ich hier den Deutschlandfunk:
https://www.deutschlandfunk.de/soforthilfen-fuer-kuenstler-innen-neue-auflagen-neue.807.de.html?dram:article_id=474163
Oder etwas detaillierter: https://www.kulturrat-nrw.de/mitglieder-informationen-04-04-2020-rundbrief-nr-10/ und https://www.kulturrat-nrw.de/mitglieder-informationen-07-04-2020-rundbrief-nr-11/
Und der zweiter Topf, die Soforthilfes des Kulturministeriums (bis 2000 €, s. letzter Absatz in diesem Blogartikel) scheint aufgebraucht. Das Mininsterium „bemüht“ sich um Aufstockung und Fortsetzung des Programms.
Und jetzt? Wer die Soforthilfe schon erhalten hat – alles zurückzahlen? Dafür Jobcenter und Grundsicherung?
Ursprünglicher Beitrag
04.04.20
Millionen von kleinen Unternehmen und Selbständigen sind durch den Shutdown in ihrer Existenz bedroht, und seit letzter Woche ist er aktiv, der Soforthilfefond. So schnell und unbürokratisch hat die Bundesregierung noch nie über ein so milliardenschweres Projekt entschieden. Die Alternative wäre ein völliger Kollaps unserer Wirtschaft. Soweit ich das bisher mitgekriegt habe, funktioniert das auch gut, zwischen Antragstellung, Bewilligung und Auszahlung vergehen oft nur wenige Tage. Natürlich kocht jedes Bundesland sein eigenes Süppchen. Da ich mich nur mit der NRW-Soforthilfe auseinandergesetzt habe, will ich auch nur hierzu eigene Erkenntnisse und Erfahrungen aufschreiben. Und zwar speziell für Musiker und Künstlerinnnen. In anderen Bundesländern sollten die wesentlichen Punkte aber ähnlich sein. Hier ist zunächst der Link: www.wirtschaft.nrw/nrw-soforthilfe-2020 Und um Missverständnissen vorzubeugen: es gibt eine weitere Hilfsmassnahme, die Förderung für Künstler vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft. Darauf gehe ich ganz unten noch ein.
Haupt- und Nebenerwerb
Das Wichtigste zuerst: diese Soforthilfe gilt nur, wenn der Haupterwerb betroffen ist. Menschen, die einen festen Job als Haupterwerb haben und nebenberuflich Musik machen, können den Antrag nicht stellen. Typischer Kandidat für die Soforthilfe in unserer Branche ist der freischaffende Musiker, der sein Leben mit einem Mix aus Auftritten, Workshops und Unterricht finanziert.
Betriebsausgaben
Leasingraten, Ladenmieten, Bankkredite, Löhne: für viele kleine Unternehmen laufen die Betriebsausgaben weiter, während keine Einnahmen da sind – das aufzufangen oder abzufedern ist der Sinn der Soforthilfe. Was ist mit uns freischaffenden Musikern, die diese Betriebsausgaben in der Regel nicht haben? Hier gilt das fiktive Gehalt, das wir uns selber zahlen um unsere privaten Ausgaben (Miete, Versicherungen, Lebensunterhalt) zu begleichen zu können, als Betriebsausgabe. Also ja: wer von seiner Kunst lebt, ist hilfeberechtigt. (Achtung: siehe Nachtrag oben)
Private Rücklagen
Viele von uns haben keinen oder nur einen sehr geringen Rentenanspruch. Wenn überhaupt, wurden Rücklagen fürs Alter anderweitig angelegt, oft genug in Aktienfonds (seufz…) oder Lebensversicherungen (auch nicht besser). Zwar ist die Soforthilfe dazu gedacht, aktuelle Liquiditätsengpässe zu vermeiden. Trotzdem braucht dieses Geld nicht aufgebraucht zu werden, bevor der Antrag gestellt wird. Es reicht, dass durch die Pandemie ein krasses Missverhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben entstanden ist (Einbruch der Einnahmen um mindestens 50% oder allgemein massive Einschränkung, Umsätze zu erzielen).
Überkompensation
Der Betrag von 9000 € ist fix. Man kann also nicht weniger beantragen. Ist der wirtschaftliche Schaden innerhalb der dreimonatigen Förderphase geringer gewesen, so muss die Differenz zurückgezahlt werden. Das ist natürlich sehr schwammig: wie definiert sich der wirtschaftliche Schaden? Nehme ich meine letzte Steuererklärungen und teile den Gewinn durch 12? Oder zähle ich alle entgangenen Konzertegagen, Workshophonorare, Musikschulhonorare etc. in den drei Monaten zusammen? Was ist mit Konzerten auf Hut oder auf Eintritt? Mit selbstveranstalteten Workshops? Mit Konzerten, die noch nicht ganz klar waren und nun auch nicht mehr geklärt werden? Die wichtigste Frage für mich: was ist nach den drei Monaten? Unser Publikum, meist jenseits der 60 und sehr oft auch jenseits der 70, ist nunmal eindeutig Risikogruppe. Und Ende Mai wird der Spuk nicht plötzlich vorbei sein. Das Virus wird uns noch lange erhalten bleiben, vielleicht in Wellen immer wieder kommen, wie andere Grippeviren auch. Auch wenn der Shutdown aufgehoben ist und die Wirtschaft wieder anläuft, werden wir noch lange mit abgesagten Konzerten und mit deutlichem Besucherrückgang zu tun haben.
Alternative oder Kombi: Soforthilfe für freischaffende Künstlerinnen und Künstler in NRW
Hier zunächst der Link: www.mkw.nrw/FAQ_Sofortprogramm Dieses Programm wird vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft in NRW aufgelegt. Mit der obigen NRW-Soforthilfe hat es nichts zu tun. Es gilt für alle Künstler, die Mitglied in der KSK sind, gilt. Unter der o.g. Adresse kann ein Antrag heruntergeladen werden auf Erstattung von ausgefallenen Gagen und Honoraren bis zu 2000 €. Also ganz etwas anderes: keine allgemeine Zuwendung, sondern eine Erstattung konkreter Ausfälle – Vertrag und Ausfallbestätigung sind erforderlich. Und nur ganz speziell für die Zielgruppe: Künstler. Dafür sind so Überlegungen wie Haupt- oder Nebenerwerb, wieviel Prozent Umsatzeinbuße etc. hinfällig. Die beiden Massnahmen sind kombinierbar, wenn eine Gewerbeanmeldung vorliegt.
Ich bin kein Fachmann und kein Rechtsanwalt, hab mich aber notgedrungen in der letzten Zeit ziemlich viel mit dem Thema beschäftigt. Und ich hoffe, dass ich der einen oder dem anderen hiermit weiterhelfen konnte. Geht auf die angegebenen Seiten, die Erklärungen sind ziemlich gut. Einiges ist noch nicht klar und wird sich hoffentlich noch klären. Wie sagte mein Steuerberater auf meine Frage ob und wie und was: „Die Lage ist unklar. Erstmal beantragen!“