Maus
von Art Spiegelman
Vladek Spiegelman ist polnischer Jude, Auschwitz-Überlebender, in den fünfziger Jahren emigriert nach Amerika. Heute, d.h. zur Zeit der Entstehung dieses Buches in den achtziger Jahren, ein alter, herzkranker Mann, eigenbrötlerisch, krankhaft geizig und streitsüchtig. Sein Sohn Art, der ihn wie viele oft schwer ertragen kann, sucht ihn immer wieder auf, um seine Lebensgeschiche aufzuzeichnen.
Und da ist nicht nur das Grauen von Auschwitz selbst. Die ganze Geschichte von Mitte der Dreißiger bis Ende der Vierziger Jahre hat viele neue und nicht so bekannte Details und Aspekte. Von der ersten Bedrohung, den ersten Gerüchten und Geschichten, die Vladek und seine Familie hören, zur Enteignung durch die Nazis, zur Ghettoisierung in seiner Heimatstand Sosnowiez, bis hin zum massenhaften Abtransport der Juden nach Osten. Vladek kann mit seiner Frau Anja nach einige Zeit in verschiedenen Verstecken ausharren, bis sie auf der Flucht nach Ungarn verraten und verhaftet werden. Verstörend immer wieder die Rolle des Geldes: egal ob Versteck, Flucht oder kleine, aber überlebenswichtige Vorteile im KZ – ohne Geld geht gar nichts, und Vladek und Anja haben wohl nur überlebt, weil sie aus einer wohlhabenden Familie stammen.
Die Geschichte Vladeks ist eine Ebene des Buches, eine weitere die Zeit der Aufzeichnung, die schwierige Beziehung zwischen Vater und Sohn. In einer dritten Ebene beschäftigt sich Art mit sich sebst und seiner Kunst. Der Holocaust und der Tod von Millionen Menschen haben ihn reich und berühmt gemacht. Auf einem Bild sieht man ihn sitzen auf einem Berg von Leichen, über seinen Schreibtisch gebeugt, mit einer Mausmake vor dem Gesicht, von Fliegen umschwirrt. Und noch eine vierte Ebene gibt es: frühe, vom Stil her komplett andere Comicseiten, in denen der junge Art Spiegelman versucht, den Selbstmord seiner Mutter in den 60ger Jahren zu verarbeiten.
Der Holocaust als Comic, bzw., wie man heute sagt, als Graphic Novel? Geht das? Und wie, für mich ist das Buch ein absolutes Meisterwerk. Nicht zu Unrecht wurde Art Spiegelman 1992 mit dem Pulitzer Preis geehrt.
Es gäbe noch viel zu erzählen, z.B. über die Rollen der verschiedenen Tiere. Aber am besten, ihr lest es selbst. Hier ist noch eine gute Beschreibung bei Histo-Couch.