Pjotr Leschenko
Es ist 20 Jahre her, als das Label Oriente Musik die erste CD von Pjotr Leschenko (Пётр Лещенко) – digitalisiert, entrauscht und entknistert aus alten Schellack-Platten – herausbrachte: „1935 – Tangos, Foxtrotts and Romances“. Im Sturm eroberte der alte Meister des russischen Tango die Milongas in Deutschland. Es ist wie beim rumänischen, polnischen oder finnischen Tango: vieles klingt nach argentinischem Tango, aber gleichzeitig ist es doch eine sehr eigene Musik – als hätte eine russiche Romanze mal eben eine Schleife über Buenos Aires gedreht, um dann doch wieder nach Odessa zurückzukehren.
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Umstritten war Leschenkos Verhalten während der deutschen Besatzung in der Ukraine und Rumänien. Er hat viele Konzerte für die Deutschen und ihre rumänischen Verbündeten gegeben.
Der folgende Bericht ist aus dem Archiv von „Zeit online“ von 1998:
„Er war einer der beliebtesten russischen Sänger, in der Zeit zwischen den dreißiger und fünfziger Jahren. Jeder im Land kannte seine volkstümlichen Zigeunerlieder und Tangos.
Doch offiziell existierte er nicht. Seine Schallplatten mußten aus dem Ausland hereingeschmuggelt oder heimlich nachgepreßt werden, denn dem Sowjetsystem galt er als ein Reaktionär: Pjotr Leschenko, der „König des russischen Tango“.
Zu sehr verkörperte seine Musik das alte Rußland vor der Industrialisierung und der Revolution. Dabei war der Tenor, geboren 1898 bei Odessa, aufgewachsen in Bessarabien, seit 1918 gar kein Russe mehr. Nachdem Rumänien im Ersten Weltkrieg seine Heimat besetzt hatte, war er zum Exilanten wider Willen geworden. Gerade deshalb wurde er von vielen russischen Emigranten überall auf der Welt besonders geliebt: Nächtelang konnten sie vor dem Grammophon sitzen, seiner Stimme zuhören und dabei an die verlorene Heimat denken.
Da er keine Ausbildung vorweisen konnte, hat Leschenko von seinem musikalischen Talent gelebt. Seine rasante Karriere beginnt erst 1930 in einer Emigrantenbar in Riga mit Zigeunerliedern. Schon bald tritt er in Wien, Paris und London auf. 1935 eröffnet er sein Lokal „Leschenko“ in Bukarest, wo er Abend für Abend zunächst im Kostüm Zigeunerlieder und später im Frack Tangos vorträgt.
Als 1944 die Rote Armee Bukarest besetzt, läßt General Bulganin ihn holen – doch nicht zum Verhör. Bulganin erweist sich als ein glühender Verehrer, und Leschenko singt fortan für die sowjetischen Offiziere. Das schützt ihn später nicht vor stalinistischer Verfolgung. 1951 wird er von der Bühne herab verhaftet, im Zigeunerkostüm. Er stirbt 1954 in einem rumänischen Lagerlazarett.“