Scholem-Alejchem und Tewje, der Milchmann
Da wir unser Programm immer mit der „Boyberike khasene hora“ beginnen, interessiert mich natürlich, wo dieses Bojberik eigentlich liegt. Und in welcher Beziehung es zu dem legendären Anatewka steht, nach dem die deutsche Fassung des Musicals „Fiddler on the Roof“ benannt ist.
Auskunft darüber gibt Scholem Alejchems Roman „Tewje, der Milchmann“, die literarische Vorlage des Musicals. Das einfache und harte Leben der Juden im Russland des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die Armut, die Ausgrenzung und Diffamierung, bis hin zur Vertreibung – all das wird anschaulich und immer auch mit einer guten Prise Humor beschrieben, erzählt in der Ich-Form von Tewje selbst.
Ebenfalls sehr lesenswert ist „Menachem Mendel, der Spekulant“. Menachem Mendel ist der typische und buchstäbliche Schlemil: ein Träumer, ein Pechvogel, ein ständiger Verlierer, der immer wieder hoffnungsfroh und naiv Neues versucht und immer wieder auf die Nase fällt. Und Menachem Mendel hat durchaus auch seinen Auftritt bei Tewje…
Scholem Alejchem (Schalom Rabinowitsch) war einer der drei großen Klassiker der jiddischen Literatur. Er wurde 1859 in Perejaslav in der Ukraine geboren und war bereits mit 21 Jahren Rabbiner in Poltava. 1905 wanderte er in die Schweiz und von dort nach Amerika aus. Er stellt den einfachen Juden aus dem Volk, nicht mehr nur den Rabbi oder Chassid, in den Mittelpunkt seiner Erzählungen, Romane, Schauspiele und Schwänke. Für das jiddische Theater war er der erste wirkliche Dichter von Rang. Scholem Alejchem starb 1916 in New York.
Foto: Jüd.-Filmfestival-BerlinPotsdam